Enver Şimşek verbrachte seine Zeit gerne in der Natur. Schon in seiner Jugend in der Türkei, war er in den nahegelegenen Bergen unterwegs und half den Schäfern. 1985 folgte er mit 24 Jahren seiner Frau nach Deutschland. Wenig später wurden seine beiden Kinder, eine Tochter und ein Sohn, geboren. Er lebte mit seiner Familie in Hessen.

Er arbeitete bei einem Automobilzulieferer, bevor er sich mit einem Blumenhandel selbstständig machte. Sein Blumenhandel lief gut, er betrieb ein Geschäft im hessischen Schlüchtern und mehrere mobile Verkaufsstände.

Am 9. September 2000 vertrat Enver Şimşek einen Angestellten in seinem mobilen Blumenstand in Nürnberg. In seinem Lieferwagen wurde er gegen Mittag von Rechtsterrorist*innen des „NSU“ erschossen. Er verstarb zwei Tage später an seinen Verletzungen im Krankenhaus. Er ist das erste der zehn Mordopfer der Gruppe.

Erst elf Jahre nach der Tat wurde klar, wer die Täter waren. Auch im Fall von Enver Şimşek ermitteln die Behörden in seinem direkten Umfeld und unterstellten, dass er in organisierte Kriminalität und das internationale Drogenmilieu verwickelt war. Seine Familie musste sich jahrelangen Verdächtigungen durch die Polizei stellen.

„Mein Vater war tot. Er wurde nur 38 Jahre alt. Ich finde keine Worte dafür, wie unendlich traurig wir waren. Doch in Ruhe Abschied nehmen und trauern – das konnten wir nicht. (…) 11 Jahre lang durften wir nicht einmal reinen Gewissens „Opfer sein“. Immer lag da die Last über unserem Leben, dass vielleicht doch irgendwer aus unserer Familie verantwortlich sein könnte für den Tod meines Vaters.“

Zitat der Tochter von Enver Şimşek, Semiya Şimşek

Neun weitere Menschen wurden nach dem Tod von Enver Şimşek mit der gleichen Tatwaffe getötet, zwei davon in Nürnberg. Viele Fragen bleiben bis heute unbeantwortet: Warum wurde Enver Şimşek von den Täter*innen ausgewählt? Warum spielt Nürnberg eine so große Rolle bei den Taten?